Magazin

Der Duft des Meeres

In den Arbeiten von Eduardo Palomares treffen Skulpturen, Videos und Skizzen auf Düfte. Wir haben seine Installation Blooming Ocean (Blühender Ozean) besucht und mit ihm darüber gesprochen, wie Ruhe riecht und warum seine Kunstwerke unter Wasser zu finden sind.

  

Wann haben Sie zum ersten Mal mit Duftstoffen gearbeitet?

Meine erste Arbeit mit Düften war pʁɛˈzɛnt͡s (Präsenz). Ich habe ein Gedicht über das Gegenwärtigsein geschrieben. Und habe dann nach Düften gesucht, die mich an das Mittelmeer denken lassen – wie zum Beispiel Lavendel, Thymian, Rosmarin, Rosen und auch Jasmin. Mein Gedanke war, dass die Besucher einen Duft aus einem Flakon auf sich wirken lassen, während sie ein Gedicht lesen. Gerade so, als wäre man in der Vergangenheit anwesend.

 

Eduardo Palomares: pʁɛˈzɛnt͡s.  Installation at Ligne Rose. Munich 2021. Photo: Eduardo Palomares
Eduardo Palomares: pʁɛˈzɛnt͡s. Installation bei Ligne Rose. München 2021. Foto: Eduardo Palomares

  

Warum verwenden Sie verschiedene Geruchsstoffe in Ihrer Arbeit?

Ich würde sagen, dass meine Arbeit auf zwei wesentlichen Faktoren beruht: unserem Verhältnis zur Natur, genauer gesagt, zu unserer Umwelt, und wie Veränderungen und die Zeit in die Umwelt eingreifen. Wenn ich in der Natur bin, fühle ich mich mit mir selbst mehr im Einklang. Gerüche sind einfach immer da. Besonders wenn ich im Meer schwimme, ist da immer dieser Duft, dieser Geruch. Das ist der Moment, in dem ich mich ganz präsent fühle. Daraus entstand das Bedürfnis, Düfte in meine Arbeit zu integrieren, weil ich wollte, dass die Menschen in gewisser Weise das erleben, was ich erlebe, wenn ich draußen in der Natur bin.

 

Eduardo Palomares: Blooming Ocean.  Installation at the Akademie der Bildenden Künste, Munich. Photo: Sara Mayora.
Eduardo Palomares: Blooming Ocean. Installation an der Akademie der Bildenden Künste, München. Foto: Sara Mayoral.

Eduardo Palomares: Blooming Ocean.  Installation at the Akademie der Bildenden Künste, Munich. Photo: Sara Mayora, detail.
Eduardo Palomares: Blooming Ocean. Installation an der Akademie der Bildenden Künste, München. Foto: Sara Mayoral.

  

Die Kombination aus dem Video, in dem Wellen und verschiedene Ozeane zu sehen sind, den Keramiken, die im Sand auf dem Boden stehen, dem Duft... Wenn ich in diesem Raum stehe, fühle ich mich wirklich ruhig.

Wunderbar! Das war das Ziel.

Mein ganz persönliches Ziel ist es, in meinem Leben zur Ruhe zu kommen. Ich hoffe, das lässt sich in meinen Kunstwerken erspüren.

 

Können Sie mir mehr darüber erzählen, wie sich die Idee zu dieser Installation entwickelt hat?

Der Prozess begann vor zwei Jahren und ist immer noch nicht abgeschlossen. Alles fing damit an, dass ich mit blauem Porzellan arbeitete und eine Blume formte, die mich irgendwie an das Meer erinnerte. Warum also nicht die Blume zum Meer bringen? Diese fiktive Pflanze war ein hervorragender Anlass, herauszufinden, wie alles in unserer Umwelt miteinander verbunden ist, wie alles aus demselben Material besteht – und das gab mir auch einen Grund, mehr zu reisen.

 

Blooming Ocean. Photo: Eduardo Palomares
Blooming Ocean. Foto: Eduardo Palomares
Blooming Ocean. Photo: Eduardo Palomares
Blooming Ocean. Foto: Eduardo Palomares

Blooming Ocean. Photo: Eduardo Palomares
Blooming Ocean. Photo: Eduardo Palomares

Blooming Ocean.  Photo: Eduardo Palomares
Blooming Ocean. Foto: Eduardo Palomares

  

Wohin hat die Blume Sie gebracht?

Ich habe die Blume überall dorthin mitgenommen, wohin ich gereist bin. Ich habe sie zum Beispiel zum Roten Meer, in eine Lagune in Ägypten und in das Mittelmeer rund um Mallorca mitgenommen. Die Vorstellung, Ton aus der Natur zu nehmen und ihn dann dem Meer zurückzugeben, fasziniert mich. 



Sind die Früchte und Blumen, die hier auf dem Boden liegen, die, die Sie mit sich nehmen?

Nein. Die Blumen hier in der Ausstellung sind alle im Absterben begriffen. Deshalb sind sie auch weiß. Die einzige Möglichkeit, die echte Blume zu sehen, ist in ihrem natürlichen Lebensraum. Ich habe die Blume immer an den Orten gelassen, zu denen ich gereist bin. Das blaue Porzellan ist ungiftig. Einige von ihnen sind vielleicht noch genau dort, wo ich sie zurückgelassen habe. Die Reisen habe ich mit Fotos und Videos dokumentiert, die nun zum Bestandteil dieser Installation geworden sind.

  

Drawing by Kailin Sun. Watercolor on paper.
Zeichnung von Kailin Sun. Wasserfarbe auf Papier.

  

Von wem stammen die Zeichnungen?

Ich habe das Botanische Institut in München kontaktiert, um mehr über Pflanzen zu erfahren. Über das Institut lernte ich auch Kailin Sun kennen. Sie brachte mir viel wissenschaftliches Hintergrundwissen über die Lebensweise von Pflanzen bei. Sie hat auch die Zeichnungen angefertigt.

 

Und nicht zu vergessen: Der Duft, der diesen Raum erfüllt. Wie wurde er hergestellt?

Seit ich mit Duftstoffen arbeite, wollte ich den Duft des Meeres erzeugen. Am Anfang kaufte ich für Pʁɛˈzɛnt͡s ganz einfach Duftöle. Für eine Ausstellung in Österreich habe ich die Düfte durch Destillation in einem Destillierkolben hergestellt. Ich probierte auch die so genannte Enfleurage aus, eine französische Technik, bei der pflanzliches oder tierisches Fett verwendet wird, um den Duft von Blüten zu bewahren.

Für Blooming Ocean habe ich mit Camille Pouthé von Givaudan zusammengearbeitet. Sie war an der Verbindung von Kunst und Düften sehr interessiert. Sie ist eine echte Visionärin. Nachdem wir viel darüber gesprochen hatten, was sich am besten für die Installation eignen würde, entwickelte ein Parfümeur des Unternehmens in Paris vier verschiedene Düfte – und ich konnte einfach den auswählen, der mir am besten gefiel. Da hatte ich großes Glück.

 

Woran arbeiten Sie im Moment?

Also, Blooming Ocean ist noch nicht abgeschlossen. Ich sammle gerade alle wichtigen Informationen über die Pflanze und plane, einen Katalog darüber zu veröffentlichen. Außerdem arbeite ich an einer Unterwasserausstellung in Venezuela und an einer Ausstellung in München im Instituto Cervantes.

 

Das klingt nach einer Menge! Sie müssen wohl wieder zu Ihrer Ruhe finden?

Naja, ich habe viele Jahre lang versucht, zu meditieren. Dabei habe ich jedoch gemerkt, dass meine Art der Meditation die Bewegung ist. Egal ob man geht oder schwimmt – am Ende bewegt man sich durch den Raum. Und das ist der Blühende Ozean.

 

Das Interview führte Elisabeth Pilhofer auf Englisch. Danke an Sybille Hayek für die deutsche Übersetzung!

Über den Autor/ die Autorin

Elisabeth Pilhofer

Elisabeth Pilhofer ist freischaffende Redakteurin und Kulturmanagerin in München.

Übersetzung

Sybille Hayek

Sybille Hayek ist Lektorin und Übersetzerin. Seit 2022 unterstützt sie unser Team ehrenamtlich mit ihrem geschulten Blick fürs Detail und einer großen Liebe zur Sprache.

Zum Anfang der Seite scrollen